Direkt zum Inhalt

Barrierefreie Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

Social Media, Präsentationen, Bildsprache

 

Stand: Dezember 2023

Barrierefreiheit und Social Media

Wenn in der Kulturarbeit digitale Medieninhalte erstellt werden, ist es wichtig auf Zugänglichkeit zu achten. Denn viele Menschen stoßen in der digitalen Medienwelt auf Barrieren, wenn sie z.B. dem Inhalt nicht folgen können, weil der Text zu kompliziert geschrieben ist, das Bild keine alternative Beschreibung mitgibt oder das Video keine Untertitel hat. Das 2-Sinne-Prinzip (z.B. Video mit Untertitel für hörbehinderte Menschen und jene, die Deutsch nicht als Muttersprache haben) kann dabei helfen, mehr Menschen zu erreichen, und ist nebenbei auch noch praktisch für alle, die zum Beispiel ein Video leise in der U-Bahn schauen möchten.

Im Artikel „Barrierefreiheit und Social Media“ findet ihr einen Überblick an Möglichkeiten, Medienarbeit barrierefrei und inklusiv zu gestalten: Es werden die verschiedenen Kategorien „Alternativtexte“, „Untertitel“, „einfache Sprache“ und „Gebärdensprach-Videos“ erläutert und Tipps für inklusive Bildsprache und Teamarbeit mitgegeben.

Erstens: Alternativtexte

Jedes soziale Netzwerk hat eine Funktion für Alternativtexte, bei der du beschreiben kannst, was auf einem Bild zu sehen ist. Diese Texte werden dann z.B. sehbehinderten Personen vorgelesen, um die Wahrnehmung der Inhalte zu ermöglichen. Wichtig ist hierbei, alle wesentlichen Bild-Elemente akkurat wiederzugeben – auch Zitate oder Personenbeschreibungen. Als Faustformel gilt: Bleibe dabei möglichst objektiv und verliere dich nicht in irrelevanten Details. In den ersten zwei bis drei Sätzen sollten die wichtigsten Informationen zum Bild enthalten sein. Nur bei Kunstwerken kannst du gegebenenfalls auch eine künstlerische Beschreibung anfertigen, die von der Neutralitäts-Regel abweicht. Dabei ist immer das Ziel: Das Erlebnis, das sehende Menschen beim Betrachten des Bildes haben, sollte möglichst adäquat ersetzt werden. Bei einem Kunstwerk darf und muss daher unter Umständen auch der Alternativtext die Bildwirkung übermitteln, ohne schon zu viel Interpretation mitzuliefern.
Der Vorteil von Alternativtexten: Du unterstützt nicht nur sehbehinderte und blinde Menschen, Bilder zu verstehen, sondern fütterst auch Suchmaschinen damit. Dadurch werden deine Inhalte im Internet besser gefunden, da es auslesbaren Text zu den Bildern gibt (Stichwort Suchmaschinen-Optimierung/SEO).

Zwei männlich gelesene Erwachsene stehen mit zwei Kindern in einer Bildergalerie und betrachten ein Bild. Sie schauen interessiert und freundlich. Die vier Personen sind im Fokus der Aufnahme.

Alternativtext: „Zwei männlich gelesene Erwachsene stehen mit zwei Kindern in einer Bildergalerie und betrachten ein Bild. Sie schauen interessiert und freundlich. Die vier Personen sind im Fokus der Aufnahme.“

Zweitens: Untertitel

Nicht nur Menschen mit Hörbehinderung nutzen gerne Untertitel; sie sind auch hilfreich für Menschen, die beispielsweise Deutsch nicht als Muttersprache haben und nicht zuletzt auch für all jene, die ohne Kopfhörer in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind.
Es gibt einfache Programme wie Headliner (Basisversion ist kostenfrei) oder VidCap zum Erstellen von SRT-Dateien (Untertiteldateien). Außerdem kannst du Untertitel über YouTube erstellen. Vorsicht: Automatisch erstellte Untertitel in sozialen Netzwerken sind oft fehlerhaft. Hier findest du mehr Tipps für die Erstellung von Untertiteln.

Drittens: Verständlichkeit

Damit deine Texte gut verstanden werden, ist es hilfreich, Fremdwörter zu vermeiden sowie Abkürzungen zu verringern und klare Satzstrukturen zu verwenden. Das gilt für die gesprochene wie die geschriebene Sprache. Tipps zu einer einfacheren Sprache findest du zum Beispiel hier. Übrigens: Die Leichte Sprache ist eine weitere Art, verständlicher zu schreiben. Sie verwendet zur Verdeutlichung des Inhalts auch begleitende Bilder und wird von Menschen mit Lernschwierigkeiten in Leichte Sprache Büros geprüft.

Viertens: Denke an Gebärdensprachvideos!

Deutsche Gebärdensprache ermöglicht es vielen gehörlosen Menschen, deine Inhalte besser zu verstehen als nur durch herkömmliche Untertitel. Der Grund ist, dass unter den ca. 80.000 gehörlosen Menschen in Deutschland viele als Muttersprache die Gebärdensprache erlernt haben. Die Deutsche Gebärdensprache hat jedoch einen völlig anderen Satzbau und eine andere Grammatik als die Deutsche Laut- und Schriftsprache. Einige von ihnen haben daher eine andere Schriftsprachkompetenz im Deutschen, als jene, die die Deutsche Lautsprache als Muttersprache erlernt haben. Um diesen Menschen den Zugang zu Inhalten zu erleichtern, ist Gebärdensprachdolmetschung von großer Bedeutung. Es gibt ausgebildete Gebärdensprachdolmetscher*innen, die entweder live oder im produzierten Video dolmetschen. Ein Tipp: Frühzeitig buchen, da sie sehr gefragt sind.

Fünftens: Erzeuge inklusive Momente in Inhalten und Bildern.

Zeige Menschen mit Behinderungen – selbst und insbesondere auch dann, wenn dein Beitrag nicht direkt mit dem Kontext Behinderung, Barrierefreiheit oder Inklusion zusammenhängt; etwa allgemein beim Thema Theater- oder Museumsbesuche und nicht ausschließlich auf der speziellen Info-Seite für barrierefreien Zugang. Somit zeigst du, dass du die Gesellschaft so abbildest, wie sie ist, und Menschen mit Behinderungen in der Mitte der Gesellschaft sind: Jede 10. Person in Deutschland lebt mit einer Behinderung, nur ca. 3 Prozent sind angeboren. Auf der Fotodatenbank www.gesellschaftsbilder.de des Sozialhelden e.V. findest du einige Beispiele von Fotos auf Augenhöhe. Diese können für redaktionelle Zwecke frei unter Angabe des Copyrights verwendet werden. Bei Absichten für Marketing oder politischen Kampagnen bitte die Redaktion kontaktieren.

Drei junge Menschen stehen vor einer verglasten Zimmer und schauen auf die Ausstellungsstücke in dem Zimmer.

Sechstens: Inklusives Arbeiten

Binde Menschen mit Behinderung in deine Arbeit ein – zum Beispiel als Social-Media-Redakteur*innen oder auch als Protagonist*innen deines Contents. Sie denken Barrierefreiheit anders mit und sind eine Bereicherung für dein Team. Es gibt übrigens viele Online-Tools, die barrierefreies Arbeiten ermöglichen. Z.B. haben sehbehinderte Personen rückgemeldet, dass das Arbeiten gut klappt mit dem Projektmanagement-Tool „Trello“ oder dem Kommunikations-Tool „Slack“. Wichtig dabei ist es immer, geteilte Fotos mit Alternativtexten zu versehen und Orientierung durch z.B. Überschriften zu schaffen.
Inklusive Teams verbessern die Arbeit insgesamt, weil mehr Perspektiven die Kreativität erhöhen und der Zusammenhalt durch Akzeptanz von Vielfalt gestärkt wird!

Barrierefreiheit in Präsentationen verbessern

Hier gibt es einige Tipps, um eure Präsentationen zugänglicher zu gestalten. Sowohl PowerPoint als auch Google Spreadsheet bieten hilfreiche Tools für mehr Barrierefreiheit, etwa bei Sehbehinderungen. Um Vorträge und Workshops zugänglicher zu gestalten, kann man neben der Aufbereitung des Materials auch an der Art und Weise der Vortragstechnik arbeiten.

Material

Erstens: Alternativtexte nutzen.

Füge Bildern und Grafiken Alternativtexte hinzu – meist per Rechtsklick und „Alternativtext". In manchen Programmen oder Apps heißt dieser Punkt auch „ALT-Text” oder „Bildbeschreibung”. Beschreibt kurz, was auf dem Bild oder der Grafik zu sehen ist. Wichtig: Alle relevanten Informationen – auch z.B. Daten, Logos und Texte im Bild – gehören in den Alternativtext. Dieser Alternativtext dient Menschen mit Sehbehinderungen letztlich zur Vermittlung eines gleichwertigen Erlebnisses des Bildes und muss somit alle wichtigen Angaben enthalten, die Menschen visuell wahrnehmen können.

Zudem kannst du Bilder während deines Vortrags beschreiben, damit auch sehbehinderte Menschen im Publikum den Inhalten folgen können. Das hat oft auch einen positiven Effekt für das übrige Publikum, da Inhalte verfestigt werden und Unklarheiten durch die Beschreibung beseitigt werden können. Zuweilen hilft es auch Menschen, die ungünstig sitzen oder – bei Online-Präsentationen – einen zu kleinen Bildschirm vor sich haben.

Zweitens: Vorgegebene Vorlagen verwenden.

Standardmäßig enthalten PowerPoint-Präsentationen einen Titel und ein Textfeld; nutze diese Strukturen für bessere Zugänglichkeit. Ob die Strukturen richtig genutzt werden, kann in der Gliederungsansicht überprüft werden. Wenn dort die Titel und Texte aus der Folie übernommen wurden, sind diese auch für Screenreader erfassbar.

Zu sehen sind die Inhalte einer PowerPoint-Folie in einer Gliederungsansicht.

Screenshot aus PowerPoint von einer Gliederungsansicht. Die Inhalte der Folien wurden gut übernommen. Folie 9 ist noch fehlerhaft: hier fehlen Titel und Inhalt.

Drittens: Achte auf gut lesbare Schriften, ausreichend Kontrast und die richtige Farbwahl.

Damit Menschen mit Sehbehinderungen eure Präsentation gut wahrnehmen können, solltet ihr auf große (mind. Schriftgröße 20) und gut lesbare Schriften (z.B. Verdana, Lucida Sans, Trebuchet, Calibri) achten. Auch der richtige Kontrast von Schrift und Gestaltungselementen ist wichtig! Graue Schrift auf farbigem Grund oder gelber Font auf Weiß ist z.B. schwer zu erkennen. Darüber hinaus ist es wichtig, bei Infografiken und Diagrammen auf eine barrierefreie Farbwahl zu achten: Menschen mit Farbsehschwäche können z.B. häufig Rot- und Grüntone nicht unterscheiden. Hier kann mit Blau-Anteilen in den Farben und Hell-Dunkel-Kontrasten Abhilfe geschaffen werden. Auch Trennlinien, Beschriftungen und Muster oder Formen helfen, die Inhalte auch unabhängig von ihrer Farbe unterscheidbar zu machen. Generell gilt: Je klarer und übersichtlicher die Gestaltung, desto besser!

Viertens: Verzichte auf zu viel Bewegungen, Blink-Effekte und sich bewegende GIFs.

Bewegte Inhalte können Menschen ablenken und sie können euren Inhalten nicht mehr folgen. Im schlimmsten Fall können sich schnell bewegende oder blinkende Inhalte zu epileptischen Anfällen bei Zuschauer*innen führen. Daher sollte auf derartige Gestaltungen unbedingt verzichtet werden.

Fünftens: Stelle die Präsentationen den Veranstaltern frühzeitig zur Verfügung, damit Gebärdensprachdolmetscher*innen sich besser auf deinen Vortrag vorbereiten können.

Auch können sehbehinderte Menschen die Präsentationen früher bekommen, um dem Inhalt besser folgen zu können, da sie den Inhalt der Folien schon kennen. Die Präsentationen sollten am besten als PDF verschickt werden. Für das Material ist es wichtig, dass Inhalte klar strukturiert und benannt sind, die Folien also einen eindeutigen Titel haben, Listen als solche getagt sind und Alternativtexte bei Bildern vorhanden sind.

Sechstens: Beim Export einer Präsentation in ein PDF sollte auf eine Komprimierung verzichtet werden, weil dabei oft Features der Barrierefreiheit verloren gehen.

Manchmal sind Präsentations-PDFs unglaubliche große Dateien und es liegt nahe, sie zum Versenden per „Dateigröße verringern” schrumpfen zu wollen. Dabei können jedoch wichtige Inhalte für die Barrierefreiheit verloren gehen. Besser ist es, die Datei einfach in eine zip-Datei zu packen oder über Anbieter wie WeTransfer zu verschicken. Profis können auch einfach die Bildqualität der eingebundenen Grafiken und Fotos reduzieren, um die gesamte Dateigröße zu verkleinern.

Siebtens: Videos mit Untertiteln versehen. 

Videos sind bei Präsentationen immer eine Herausforderung und auch wenn das Video mal läuft, ist der Ton nicht immer im ganzen Saal verständlich. Allein deswegen helfen Untertitel. Aber natürlich sind sie in erster Linie dafür da, dass hörbehinderte Menschen den Inhalten folgen können.

Achtens: Barrierefreiheit überprüfen.

In PowerPoint kann über den Reiter „Überprüfen” der Punkt „Auf Barrierefreiheit prüfen” ausgewählt werden. Hier werden neben „Fehlern” und Warnungen auch Tipps für die Verbesserung gegeben. Ein Opensource-Tool ist beispielsweise WAVE (Web Accessibility Evaluation Tool).

Vortrag halten

Referent*innen vorbereiten

Neben dem barrierefrei gestalteten Material ist es auch wichtig die Redner*innen im Vorfeld über mögliche Barrieren in der Kommunikation zu informieren. Sie sollten sich bereit erklären zu gendern, diversitätssensible Sprache zu verwenden und dabei möglichst einfach zu sprechen (siehe einfache Sprache). Ihnen sollte auch erklärt werden, dass nicht jedes Bild auf den Folien ausführlich beschrieben werden muss, wenn es z.B. Platzhalter sind. Demnach sollten nur Bilder, die wichtig für das Verständnis des Themas sind, erklärt werden. Es hilft auch, immer mal wieder zu sagen, auf welcher Folie/an welcher Stelle man sich gerade befindet.

Regeln der Kommunikation bei Online-Vorträgen/Workshops

Gerade bei Online-Vorträgen und -Workshops ist es wichtig für eine barrierefreie Kommunikation eine klare Struktur vorzugeben. Es ist wichtig direkt zu Anfang abzufragen, ob man gut gehört oder gesehen werden kann und dann klar zu kommunizieren, ob und wann es Pausen gibt, und ob, wie und wann Fragen gestellt werden können. Auch muss nicht jede Person im Publikum die Kamera einschalten. Es empfiehlt sich auch im Vorhinein in Form von Triggerwarnungen anzukündigen, wenn sensible Inhalte, z.B. mit Gewaltszenen, gezeigt werden. Ein Trigger bedeutet, dass eine Person sich durch eine Handlung oder Situation an etwas aus der Vergangenheit erinnert, dass damals und nun wieder negative Emotionen hervorruft. In einer Triggerwarnung kann kurz eine solche Handlung oder Situation im Voraus angekündigt werden, so dass die Zuschauer*innen sich selbst entscheiden können, ob sie dem Inhalt folgen wollen oder nicht.

Darüber hinaus ist es praktisch die Kommunikation nicht nur über Lautsprache, sondern auch über Chat zu ermöglichen. Dann sollten auch Regeln vereinbart werden, die allen gerecht werden. Manche Menschen lenkt die Chat-Nutzung ab, weil sie z.B. blind sind und ihnen Chat-Gespräche vorgelesen werden, während die vortragende Person noch redet. Andere Personen haben möglicherweise ADHS oder andere Gründe, weshalb eine zu starke Chat-Nutzung als störend empfunden werden kann. Mögliche Lösungen: Nur wichtige Infos an die Allgemeinheit und andere per Direkt-Nachricht an eine Person senden. Oder z.B. Fragen an einen Moderator senden, der sie bündelt und dann in einem passenden Moment vorträgt.

Bildsprache: Alphabetisierung und Inklusion

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte – ein abgedroschener Satz, aber dennoch wahr. Heutzutage ist es wichtiger denn je, Bilder lesen zu können und eine Art Alphabetisierung im Bereich Bildsprache anzustreben.

Täglich begegnen uns Hunderte von Bildern in sozialen Medien, auf Plakaten oder in Zeitschriften. Oftmals leiten sie einen Text ein und geben die Stimmung eines Artikels vor. Daher ist es wichtig, sorgfältig auszuwählen und klischeefrei zu bleiben.

Am Beispiel von Menschen mit Behinderung wird dies besonders deutlich: Sie erscheinen oft nur dann in Sprache oder Bildsprache, wenn es um ihre Behinderung geht. In der Stockfotografie werden häufig Models eingesetzt, die lediglich eine Behinderung vortäuschen, statt authentische Personen darzustellen.

Es liegt in der Verantwortung von Fotograf*innen, Bildagenturen und Redaktionen darauf zu achten, dass bei Darstellungen Respekt gegenüber den Menschen gewahrt bleibt. Dazu können drei Punkte helfen:

  1. Produziere und wähle Bilder aus, mit denen du selbst zufrieden bist, dargestellt zu sein.
  2. Achte auf Perspektiven; berücksichtige Erfahrungen der Abgebildeten – sie sind Expert*innen ihrer eigenen Situation.
  3. Erstelle inklusive Bilder für alle Lebensbereiche – nicht nur rund um das Thema Barrierefreiheit – zum Beispiel am Arbeitsplatz gemeinsam mit Kolleginnen ohne Beeinträchtigung.

Auch Intersektionalität spielt dabei eine Rolle: Frage Communitys, wie autistische Menschen oder kleinwüchsige Personen, wie sie dargestellt werden möchten. Schaffen wir so eine Bildsprache für die kommenden Jahre, die wirklich gut angenommen wird und alle Menschen respektvoll darstellt.